Brustkrebs und psychische Folgen
Eine Aufbauplastik zur Wiederherstellung der Brust mit Prothese ist je nach Ergebnis (z. B. Kapselfibrose, Dislokation der Prothese, Symmetrie) nach Ablauf der Heilungsbewährung nach Teil B Nr. 14.1 der Anlage zu § 2 VersMedV mit einem Einzel-GdB von 10 bis 30 zu bewerten.
Psychische Beschwerden wirken sich in diesem Zusammenhang nicht GdB-erhöhend aus. Dabei ist zu beachten, dass nach Teil A Nr. 2 i) der Anlage zu § 2 VersMedV dieser Einzel-GdB bereits die üblichen seelischen Begleiterscheinungen berücksichtigt.
Nur wenn die seelischen Begleiterscheinungen erheblich höher sind als aufgrund der organischen Veränderungen zu erwarten wäre, ist ein höherer GdB gerechtfertigt. Vergleichsmaßstab ist nicht der behinderte Mensch, der überhaupt nicht oder kaum unter seinem Körperschaden leidet, sondern die allgemeine ärztliche Erfahrung hinsichtlich der regelhaften Auswirkungen. Außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen sind anzunehmen, wenn anhaltende psychoreaktive Störungen in einer solchen Ausprägung vorliegen, dass eine spezielle ärztliche Behandlung dieser Störungen - z. B. eine Psychotherapie - erforderlich ist.
Die Klägerin wendet sich gegen die Absenkung ihres Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 40.
Bei der 1961 geborenen Klägerin war im Oktober 2006 ein multizentrisches invasiv duktales Mammakarzinom mit ausgedehntem DCIS rechts im Stadium pT1mic (mz) pN0 M0 diagnostiziert worden, das mittels Tumorektomie nach Markierung am 5. Oktober 2006 und sekundärer Mastektomie mit subpektoraler Expandereinlage sowie Exzision des Wächterlymphknotens am 24. Oktober 2006 behandelt worden war. Daran schloss sich eine Chemotherapie an. Auf ihren Antrag hatte der Beklagte zugunsten der Klägerin mit Bescheid vom 22. Januar 2007 den GdB mit 50 wegen einer Erkrankung der Brust rechts festgestellt.
2012 leitete der Beklagte hinsichtlich des GdB eine Nachprüfung von Amts wegen ein und stellte nach medizinischen Ermittlungen (Einholung von Befundberichten bei der Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe B vom 12. Juli 2012 und bei der Fachärztin für Augenheilkunde Dr. E vom 6. November 2012) mit Bescheid vom 27. Februar 2013 – zur Post gegeben am 28. Februar 2013 – unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 22. Januar 2007 den GdB mit 40 fest wegen
- Sehbehinderung links (Einzel-GdB: 30), - Zustand nach Erkrankung der Brust rechts nach Ablauf der Heilungsbewährungszeit, Verlust der Brust rechts (Einzel-GdB: 30).
Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte nach Einholung eines Befundberichts bei der Fachärztin für Orthopädie Z vom 27. Juni 2013 mit am 18. Oktober 2013 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2013 zurück, wobei er zusätzlich eine sich auf den Gesamt-GdB nicht auswirkende Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung (Einzel-GdB: 10) berücksichtigte.
Hiergegen hat die Klägerin am 14. November 2013 Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat Befundberichte bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin K vom 20. Februar 2014, der Orthopädin Z vom 27. Februar 2014 und der Frauenärztin B vom 5. Februar 2014 eingeholt.
Anschließend hat das Sozialgericht ein Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. A vom 18. August 2014 eingeholt, das dieser nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 5. August 2014 erstellt hat und in dem er zu der Einschätzung gelangt ist, der GdB bei der Klägerin betrage seit Februar 2013 durchgehend 30. Im Wesentlichen hat der Sachverständige ausgeführt, bei der Klägerin bestünden folgende Funktionsbeeinträchtigungen und Einzel-GdB:
- Aufbauplastik der Brust rechts nach Mastektomie bei bösartigem Brusttumor (nach Ablauf der Heilungsbewährung); Lymphödem (Einzel-GdB: 20), - Sehbehinderung links (Einzel-GdB: 25, gerundet 30), - Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule, belastungsabhängige Beschwerden der Brust- und Lendenwirbelsäule (Einzel-GdB: 10).
Zu den Funktionsbeeinträchtigungen hat der Sachverständige im Einzelnen Folgendes ausgeführt:
Bei der Klägerin sei am 5. Oktober 2006 ein bösartiger Brusttumor rechts zunächst brusterhaltend entfernt worden. Aufgrund der feingeweblichen Untersuchungen sei eine zweite Operation notwendig gewesen, bei der die rechte Brust komplett entfernt worden sei. Eine Brusterhaltung oder eine subcutane Mastektomie sei damals nicht möglich gewesen. Es sei damals bereits der primäre Brustaufbau geplant und ein Expander implantiert worden. Die postoperativ durchgeführte Staging-Untersuchung habe keinen Anhalt für Fernmetastasen ergeben. Es sei eine Chemotherapie durchgeführt worden. Auf heutiges Nachfragen habe die Klägerin angegeben, die geplante antihormonelle Therapie abgelehnt zu haben. Es sei wenige Monate nach der Entfernung der Brust eine Silikonprothese (Aufbauplastik Brust rechts) implantiert worden. In einem gynäkologischen Nachsorgebrief vom 7. Januar 2008 sei berichtet worden, dass die Haut über dem Implantat gespannt gewesen sei, am rechten Arm habe ein Lymphödem bestanden, der übrige Befund sei unauffällig gewesen. Eine Mammographie vom November 2011 habe ein regelrecht sitzendes Brustimplantat rechts „mit zarter Kapsel und überwiegend glatter Abgrenzbarkeit“ ergeben. Eine Kapselfibrose des Implantats oder ein Tumorrezidiv hätten nicht bestanden. Die weiteren Kontrolluntersuchungen aus den Jahren 2012 und 2013 hätten keine Veränderungen ergeben. Die behandelnde Gynäkologin habe in ihrem Befundbericht vom Juli 2012 einen Zustand nach Entfernung der rechten Brust und ein Lymphödem des rechten Armes bei „sonst unauffälligem postoperativen Befund“ angegeben. Funktionsbehinderungen des rechten Armes, eine regelmäßige Lymphdrainage oder eine eventuell notwendige Kompressionstherapie seien nicht notiert worden. Nach den hergereichten aktuellen gynäkologischen Befundberichten sei im Februar 2014 von der Klägerin über eine eingeschränkte Belastbarkeit des rechten Armes berichtet worden. Außerdem sei ein Lymphödem des rechten Armes beschrieben worden, welches mit Lymphdrainage behandelt worden sei. Angaben über eine Umfangsvermehrung des rechten Armes, eine Funktionsbehinderung, eine Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit oder eine eventuell erforderliche Kompressionsbandage des rechten Armes seien nicht gemacht worden. Im Rahmen der gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung sei zudem von einem pathologischen Abstrich am Gebärmutterhals berichtet worden, weshalb ein Gewebekegel im Bereich des Muttermundes operativ entfernt worden sei (Konisation) . Dieser Eingriff habe im September 2013 stattgefunden, danach habe sich die Klägerin zunächst „leistungsgemindert“ gefühlt. Die letzte Nachsorgeuntersuchung Anfang 2014 (Abstrich der Gebärmutter) sei nach Angaben der Klägerin wieder in Ordnung gewesen.
Aktuell sei die Ultraschall-Untersuchung des Abdomens unauffällig. Hinweise für zum Beispiel Lebermetastasen ergäben sich nicht. Die Narbe in der rechten Axilla sei gut verschieblich, dabei insgesamt leicht derb tastbar. Nennenswerte Verwachsungen oder Einziehungen bestünden nicht. Vergrößerte Lymphknoten seien in beiden Achselhöhlen nicht zu tasten. Die rechte Brust weise im Vergleich zur linken eine leichte Asymmetrie auf. Komplikationen wie eine Dislokation der Prothese oder eine Kapselfibrose seien nach Angaben der Klägerin bislang nicht aufgetreten. Ein Lymphödem des rechten Armes bestehe nicht (Anmerkung: die Umfangsvermehrung von 1 cm am rechten Oberarm sei physiologisch, die Klägerin sei Rechtshänderin). In der rechten Axilla sei ebenso kein Lymphödem tastbar. Die Operationsnarbe sei reizlos. Es würden ein Spannungsgefühl und ein Druckschmerz bei Liegen nachts angegeben. Die Funktionalität beider Schultern und der Arme sei normal. Bewegungseinschränkungen lägen nicht vor.
Bei der Klägerin liege nach Ablauf der Heilungsbewährung im Oktober 2011 ein Zustand nach Mastektomie (Entfernung der Brust) auf der rechten Seite vor. Hierfür (Aufbauplastik zur Wiederherstellung der Brust nach Mastektomie, vgl. versorgungsmedizinische Grundsätze Nr. 14.1) sei ein Ermessensspielraum von 10 bis 30 vorgesehen. Das Ergebnis der Aufbauplastik sei befriedigend, eine hochgradige kosmetische Entstellung oder Asymmetrie liege nicht vor. Eine Kapselfibrose sei in den Akten nicht dokumentiert, eine Dislokation der Prothese bestehe nicht. Bei der Klägerin liege eine leichte Asymmetrie der Brust vor, so dass ein Einzel-GdB von maximal 20 im mittleren Ermessensspielraum für den Einzel-GdB für eine Aufbauplastik nach Mastektomie vorgeschlagen werden könne. Ein Verlust der Brust (Mastektomie) ohne Aufbauplastik liege bei der Klägerin nicht vor. Die bisherige Bewertung (Einzel-GdB von 30) und Leidensbezeichnung sei deshalb medizinisch falsch. Die Klägerin und die behandelnden Ärzte berichteten über ein Lymphödem im Bereich der rechten Axilla und des rechten Oberarmes, weshalb hier auch zwölf Mal pro Quartal eine Lymphdrainage von der Klägerin in Anspruch genommen werde. Ein Lymphödem mit stärkerer Umfangsvermehrung (mehr als 3 cm) sei in den Akten aber nicht dokumentiert und liege bei der Klägerin heute nicht vor. Eine Funktionsbeeinträchtigung der entsprechenden Extremität (also hier des rechten Armes und der rechten Axilla) bestehe bei der Klägerin nicht. Erst wenn die genannten Kriterien erfüllt wären, wäre ein GdB von 20 bis 40 möglich (vgl. versorgungsmedizinische Grundsätze Nr. 9.2.3.). Dies sei nicht der Fall. Gewichte man hier die anamnestischen Angaben stärker als die objektivierbaren Befunde, so könne bei der Klägerin von einem Lymphödem ohne wesentliche Funktionsbehinderung und ohne das Erfordernis einer Kompressionsbandage ausgegangen werden. Unter Ausnutzung aller nur erdenklichen Ermessensspielräume könne hierfür ein Einzel-GdB von maximal 10 vorgeschlagen werden. Es bestehe auch kein Narbenzug nach der Operation, der zu einer Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks führen würde.
Eine eigenständige psychische Erkrankung, die sich zusätzlich erhöhend auf den Gesamt-GdB auswirke, bestehe bei Zustand nach Brustdrüsenerkrankung nicht. Aus den in der Schwerbehindertenakte vorliegenden ärztlichen Befundberichten gingen keine psychopathologischen Befunde hervor. Eine ambulante oder stationäre Psychotherapie, eine regelmäßige Behandlung bei einem Psychiater oder eine medikamentöse Therapie gehe aus den Akten nicht hervor und werde heute auf Nachfragen verneint. Bei der heutigen Untersuchung sei die Klägerin nicht affektlabil, die Stimmung sei normal, der Denkablauf nicht gestört. Die Klägerin sei dabei schwingungsfähig. Das Freizeitverhalten sei normal. Es bestehe ein reger Kontakt zu Bekannten und dem engeren Familienkreis. Eine Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sei nicht erkennbar, eine solche gehe aus den Unterlagen und der heutigen Untersuchung auch nicht hervor. Ein Einzel-GdB für eine psychische Erkrankung könne daher nicht vorgeschlagen werden.
Hinsichtlich der Sehbehinderung hat der Sachverständige ausgeführt, im November 2012 sei erstmalig ein Befund der behandelnden Augenärztin Dr. E hergereicht worden. Aus diesem Bericht gehe hervor, dass bereits im März 1994 (und im Jahre 2005) eine funktionelle Einäugigkeit rechts (Sehschwäche bei Schielen, meist in der Kindheit erworben) vorgelegen habe. Die Sehschärfe habe rechts 0,9 und korrigiert 1,0 (Anmerkung: Normalsichtigkeit) betragen. Auf dem linken Auge habe ein geringes Restsehvermögen von 0,05 bestanden. Eine Überprüfung mit Glas habe links nicht stattgefunden, da hierdurch keine Besserung (bei vorausgesetzter funktioneller Einäugigkeit) zu erwarten gewesen sei. Die Netzhautkorrespondenz sei als normal angegeben worden. Der Stereotest nach Lang sei negativ gewesen, was bedeute, dass die Klägerin kein räumliches Sehen habe. Eine relevante Gesichtsfeldeinschränkung sei in den hergereichten Computerperimetrien nicht ersichtlich. Die orientierende Prüfung sei heute unauffällig. Eine Gesichtsfeldeinschränkung liege nicht vor. Die Klägerin könne auf dem linken Auge nicht lesen, auf dem rechten Auge sei der Fern- und Nahvisus (korrigiert mit Lesebrille) orientierend normal. In Kenntnis der vorliegenden Visuswerte habe die Klägerin auf dem rechten Auge eine Normalsichtigkeit und links ein Restsehvermögen von 0,05. Hieraus resultiere ein Einzel-GdB von 25 (formal aufzurunden auf einen Einzel-GdB von 30).
Die Beweglichkeit der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sei heute normal. Der Finger-Boden-Abstand betrage 0 cm, der Lendenschober (als Maß für die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule) sei mit 10/15 cm normal, ebenso die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule (Ott-Zeichen 30/33 cm). Es ließen sich Muskelverspannungen im Schulter-Nacken-Bereich sowie im Bereich der langen Rückenstrecker der Lendenwirbelsäule tasten. Das Zeichen nach Lasegue sei beidseits negativ. Die sensomotorischen Verhältnisse an Armen und Beinen seien unter jedem Aspekt regelrecht. Alle großen und kleinen Gelenke seien nicht bewegungseingeschränkt. Es bestünden keine Reizerscheinungen. Bisher sei ein Einzel-GdB von 10 für ein Wirbelsäulenleiden mit leichtgradigen funktionellen Auswirkungen in der Halswirbelsäule vergeben. Von eben dieser Gesundheitsbeeinträchtigung könne bei der Klägerin unter Zusammenschau aller vorliegenden Befunde ausgegangen werden. Ein Brust- und ein Lendenwirbelsäulenleiden, das sich zusätzlich erhöhend auswirken könnte, lägen bei der Klägerin nicht vor.
Zu dem Gutachten hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2014 Stellung genommen.
Das Sozialgericht hat die auf Aufhebung des Bescheides vom 27. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2013 gerichtete Klage durch Urteil vom 6. Januar 2015 abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. A bezogen.
Gegen das ihr am 11. Februar 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. März 2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der GdB betrage weiter 50. Insbesondere sei festzuhalten, dass die Aufbauplastik nur bedingt gelungen sei, weil im Vergleich zu anderen Brusthälfte eine Asymmetrie bestehe und eine Brustwarze fehle. Zu berücksichtigen sei auch ein Lymphödem, welches eine hohe Behandlungsnotwendigkeit bedinge. Auch die psychischen Folgen der Krebserkrankung und der Brustentfernung seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die enormen Auswirkungen der Brustentfernung bedingten nach wie vor einen Einzel-GdB von mindestens 40. Die funktionelle Einäugigkeit dürfte mit einem Einzel-GdB von 30 korrekt ermittelt worden sein.
Zu einem gerichtlichen Schreiben vom 6. Oktober 2015 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2015 eingehend Stellung genommen. Hier hat sie ausgeführt, dass auch ausgehend von zwei Einzel-GdB von je 30 der Gesamt-GdB mit 50 zu bilden sei.
Der Senat hat bei dem Sachverständigen Dr. A eine gutachtliche Stellungnahme vom 19. November 2015 eingeholt, in der der Sachverständige im Wesentlichen erklärt hat, an seiner bisherigen Einschätzung festzuhalten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat bei dem Arzt für Gynäkologie und Geburtshilfe und Arzt für Pathologie Prof. Dr. K ein Gutachten vom 10. August 2016 eingeholt, dass dieser nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 14. Juni 2016 erstellt hat. Der Sachverständige hat ausgeführt, der GdB für die maligne Brusterkrankung mit einer einseitigen Mastektomie mit Wiederaufbau ohne Kapselfibrose und ohne Dislokation der Prothese, jedoch einer mäßigen Asymmetrie, sei mit 20 zu bewerten. Die Sehschwäche sei fachärztlich und gutachterlich mit einem Einzel-GdB von 25 bzw. 30 angegeben. Gynäkologisch liege eine deutliche Atrophie der Vagina und des Gebärmutterhalses mit einer Senkung der Harnblase und einer nur geringfügigen Stressinkontinenz vor. Der GdB betrage insoweit 10. Unter Berücksichtigung der Sehschwäche, die allerdings nicht mit den anderen Behinderungen in wechselseitiger Beziehung stehe, des Mammakarzinoms und der leichten Stressinkontinenz betrage der Gesamt-GdB 30.
Der Sachverständige hat im Rahmen der körperlichen Untersuchung der Klägerin einen Zervix- und Vaginalabstrich entnommen. Hierzu hat er ausgeführt, dass sich nach technischer Bearbeitung des Abstrichs im Mikroskop auffällige Plattenepithelzellen mit deutlichen Vergrößerungen und Unregelmäßigkeiten der Kerne mit auffälligem Chromatin gezeigt hätten. Es handele sich insoweit um Kriterien, die zu einer Krebsvorstufe eines Plattenepithelkarzinoms der Zervix und/oder der Vagina passen würden. Insoweit seien weitere Untersuchungen zeitnah notwendig, worauf die Klägerin mit Schreiben vom 17. Juni 2016 auch hingewiesen worden sei.
Die Klägerin meint, aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K ergebe sich, dass für den Fall, dass ein Zervixkarzinom vorliegen sollte - eine diesbezügliche Operation finde am 26. Januar 2017 statt –, dieses möglicherweise schon zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung des Beklagten vorgelegen haben könnte.
Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2017 hat die Klägerin beantragt,
„die Klägerin zum Beweis der Tatsache, dass bei der Klägerin im Zeitraum März 2013 bis Oktober 2013 unter Berücksichtigung der Folgen der Krebstherapie, die über die üblichen körperliche und seelischen Folgen einer Brustkrebserkrankung hinausgehen und diese Folgen die Feststellung eines Einzel-GdB von mindestens 40 rechtfertigen, und unter Berücksichtigung der weiteren Leiden der Klägerin, ein Gesamt-GdB von 50 bestand, durch einen medizinischen Sachverständigen mit Erfahrung auf dem Gebiet der Onkologie zu untersuchen zu lassen.“
Zur Begründung für diesen Antrag hat Sie ausgeführt, nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K lägen bei ihr „karzinomrelevante Zellveränderungen vor, bei denen nicht ausgeschlossen ist, dass sie wegen des langsamen Wachstums bereits 2013 vorlegen, denn schon damals wurden Krebs-Vorstufen festgestellt.“
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Januar 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 27. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2013 aufzuheben, hilfsweise dem mit Schriftsatz vom 19. Januar 2017 gestellten Beweisantrag zu folgen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Die Klage ist als reine Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative SGG zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 27. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Absenkungsbescheides.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid, gegen den formelle Bedenken nicht bestehen, ist hier § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Wege einer gebundenen Entscheidung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen hier insoweit vor, als der Beklagte den GdB zutreffend auf unter 50 abgesenkt hat. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist dabei der Zeitraum zwischen Bekanntgabe des Bescheides und des Widerspruchsbescheides (vgl. dazu eingehend Urteil des Senats vom 6. November 2014 - L 11 SB 178/10 – juris), hier nach Maßgabe des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X zwischen dem 3. März 2013 und dem 21. Oktober 2013. In diesem Zeitraum war der GdB hier jedenfalls nicht mehr mit 50 zu bewerten.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest, wobei nach § 69 Abs. 1 Satz 6 SGB IX eine Feststellung nur zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt. Bei der Prüfung, welcher GdB festzustellen war, war zum Zeitpunkt der Erstfeststellung mit Bescheid vom 22. Januar 2007 seinerzeit noch auf die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) (hier AHP 2005) zurückzugreifen. Die AHP sind zwar kein Gesetz und sind auch nicht aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassen worden. Es handelt sich jedoch bei ihnen um eine auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhende Ausarbeitung im Sinne von antizipierten Sachverständigengutachten, die die möglichst gleichmäßige Handhabung der in ihnen niedergelegten Maßstäbe im gesamten Bundesgebiet zum Ziel hat. Die AHP engen das Ermessen der Verwaltung ein, führen zur Gleichbehandlung und sind deshalb auch geeignet, gerichtlichen Entscheidungen zugrunde gelegt zu werden. Gibt es solche anerkannten Bewertungsmaßstäbe, so ist grundsätzlich von diesen auszugehen (vgl. z. B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18. September 2003 - B 9 SB 3/02 R -, bestätigt in BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 SB 4/10 R – beide bei juris), weshalb sich auch der Senat für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 grundsätzlich auf die jeweils einschlägigen AHP stützt. Im hier maßgeblichen Prüfungszeitraum ist auf die in der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG - Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) - vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I Seite 2412) festgelegten „versorgungsmedizinischen Grundsätze“ zurückzugreifen, die die AHP abgelöst haben und die inzwischen ihrerseits durch die Verordnungen vom 1. März 2010 (BGBl. I Seite 249), 14. Juli 2010 (BGBl. I Seite 928), vom 17. Dezember 2010 (BGBl. I Seite 2124), vom 28. Oktober 2011 (BGBl. I Seite 2153), vom 11. Oktober 2012 (BGBl. I Seite 2122) sowie durch das Bundesteilhabegesetz vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I Seite 3234) Änderungen erfahren haben.
Einzel-GdB sind regelmäßig entsprechend den genannten Maßstäben als Grad der Behinderung in Zehnergraden entsprechend den Maßstäben des § 30 Abs. 1 BVG zu bestimmen. Für die Bildung des Gesamt-GdB bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen sind nach § 69 Abs. 3 SGB IX die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander zu ermitteln, wobei sich nach Teil A Nr. 3 a) der Anlage zu § 2 VersMedV (ebenso bereits Teil A Nr. 19 AHP, Seite 24 ff.) die Anwendung jeglicher Rechenmethode verbietet. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken. Dabei ist in der Regel von einer Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3 d) aa) – ee) der Anlage zu § 2 VersMedV; ebenso zuvor AHP Teil A Nr. 19 Abs. 1, 3 und 4, Seite 24 ff.).
Der GdB bei der Klägerin war nach Maßgabe der AHP durch Bescheid vom 22. Januar 2007 zutreffend mit 50 bewertet worden (vgl. Teil A Nr. 26.14 AHP, Seite 94 f.).
Eine Neubewertung des GdB war vorliegend aufgrund des Ablaufs der Heilungsbewährung grundsätzlich zulässig (vgl. Teil A Nr. 7b der Anlage zu § 2 VersMedV). Nach Teil B Nr. 1 c der Anlage zu § 2 VersMedV beträgt der Zeitraum des Abwartens einer Heilungsbewährung in der Regel fünf Jahre. Nach Teil B Nr. 14.1 der Anlage zu § 2 VersMedV ist nach Entfernung eines malignen Brustdrüsentumors - wie bei der Klägerin im Oktober 2006 geschehen - in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten (so auch in Teil A Nr. 26.14 AHP, Seite 95). Maßgeblicher Bezugspunkt für den Beginn der Heilungsbewährung ist der Zeitpunkt, an dem die Geschwulst durch Operation oder andere Primärtherapie als beseitigt angesehen werden kann; eine zusätzliche adjuvante Therapie hat keinen Einfluss auf den Beginn der Heilungsbewährung. Mithin war der Zeitraum der Heilungsbewährung zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der hier streitigen Aufhebungsentscheidung am 3. März 2013 bei weitem abgelaufen und war eine Neubewertung des GdB jedenfalls auch ab diesem Zeitpunkt zulässig.
Im maßgeblichen Prüfungszeitraum vom 3. März 2013 bis zum 21. Oktober 2013 lag bei der Klägerin ein GdB von maximal 40 vor.
Für die frühere Krebserkrankung ist für den vorgenannten Prüfungszeitraum kein GdB zu berücksichtigen, da nach den übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen und der behandelnden Ärzte keine Hinweise auf eine Metastasierung oder ein Wiederaufflammen der bösartigen Grunderkrankung vorliegen.
Eine Aufbauplastik zur Wiederherstellung der Brust mit Prothese ist je nach Ergebnis (z. B. Kapselfibrose, Dislokation der Prothese, Symmetrie) nach Ablauf der Heilungsbewährung nach Teil B Nr. 14.1 der Anlage zu § 2 VersMedV mit einem Einzel-GdB von 10 bis 30 zu bewerten. Hier hat der Sachverständige Dr. A schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass und warum der Einzel-GdB mit 20 insoweit angemessen bewertet ist. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu Eigen und teilt diese Einschätzung, die im Übrigen von Prof. Dr. K bestätigt worden ist. Psychische Beschwerden wirken sich in diesem Zusammenhang nicht GdB-erhöhend aus. Dabei ist zu beachten, dass nach Teil A Nr. 2 i) der Anlage zu § 2 VersMedV dieser Einzel-GdB bereits die üblichen seelischen Begleiterscheinungen berücksichtigt. Nur wenn die seelischen Begleiterscheinungen erheblich höher sind als aufgrund der organischen Veränderungen zu erwarten wäre, ist ein höherer GdB gerechtfertigt. Vergleichsmaßstab ist nicht der behinderte Mensch, der überhaupt nicht oder kaum unter seinem Körperschaden leidet, sondern die allgemeine ärztliche Erfahrung hinsichtlich der regelhaften Auswirkungen. Außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen sind anzunehmen, wenn anhaltende psychoreaktive Störungen in einer solchen Ausprägung vorliegen, dass eine spezielle ärztliche Behandlung dieser Störungen - z. B. eine Psychotherapie - erforderlich ist. Anhaltspunkte für solche außergewöhnlichen seelischen Begleiterscheinungen sind aus den von dem Sachverständigen Dr. A dargelegten Gründen nicht erkennbar. Ein für den Gesamt-GdB maßgebliches Lymphödem ist im vorstehenden Zusammenhang von beiden Sachverständigen verneint worden. Dr. A hat insoweit unter Ausnutzung aller nur erdenklichen Ermessensspielräume einen Einzel-GdB von maximal 10 erwogen (Teil B Nr. 9.2.3 der Anlage zu § 2 VersMedV).
Dass die funktionelle Einäugigkeit bei der Klägerin nach Teil B Nr. 4.3 der Anlage zu § 2 VersMedV mit einem Einzel-GdB von 25 zu bewerten ist, nehmen beide Sachverständigen und auch die Beteiligten zutreffend an.
Weitere Funktionsbeeinträchtigungen, die mit einem höheren Einzel-GdB als 10 zu bewerten sind, liegen hier nicht vor. Dies gilt aus den von dem Sachverständigen Dr. A mitgeteilten Gründen für das Wirbelsäulenleiden (Teil B Nr. 18.9 der Anlage zu § 2 VersMedV) ebenso wie für die von Prof. Dr. K mitgeteilte deutliche Atrophie der Vagina und des Gebärmutterhalses mit einer Senkung der Harnblase und einer nur geringfügigen Stressinkontinenz (Teil B Nr. 12.2.4 oder Nr. 14.6 der Anlage zu § 2 VersMedV), wobei der Senat wegen der fehlenden Auswirkung letztgenannten Leidens auf den Gesamt-GdB offen lassen kann, ob dieses im maßgeblichen Prüfungszeitraum überhaupt schon bestanden hat.
Aus den Einzel-GdB von 25, 20 und allenfalls drei Mal 10 ergibt sich kein höherer Gesamt-GdB als 40. Insoweit ist es für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Belang, dass beide Sachverständigen nur von einem Gesamt-GdB von 30 ausgehen.
Weitere GdB-relevante Leiden sind im maßgeblichen Prüfungszeitraum nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin aus dem Gutachten von Prof. Dr. K mutmaßt, ein mögliches Zervixkarzinom habe möglicherweise auch schon im skizzierten Prüfungszeitraum vorgelegen, gibt es hierfür keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil erwies sich ein im Sommer 2013 entnommener Abstrich am Gebärmutterhals zwar als pathologisch und wurde im September 2013 insbesondere durch Konisation operativ behandelt; bei der von der behandelnden P-Klinik im Arztbrief vom 26. September 2013 mitgeteilten Diagnose (CIN (Zervikale Intraepitheliale Neoplasie ) III) handelt es sich indes um eine Krebsvorstufe, die nach Teil B Nr. 14.2 der Anlage zu § 2 VersMedV mit keinem Einzel-GdB zu bewerten ist. Die Erwägungen, die der Sachverständige Prof. Dr. K im Zusammenhang mit dem von ihm im Juni 2016 entnommenen Zervix- und Vaginalabstrich angestellt hat, betreffen daher nicht den hier maßgeblichen Prüfungszeitraum.
Den hilfsweise gestellten Beweisanträgen der Klägerin musste der Senat nicht nachkommen. Sie hat bereits keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt. Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache. Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben würde (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Juli 2015 - B 9 SB 19/15 B – juris). Daran fehlt es hier ohne weiteres, soweit die Klägerin die „Tatsachen“ unter Beweis gestellt hat, „die Folgen der Krebstherapie“ rechtfertigten einen Einzel-GdB von mindestens 40 und es habe im streitigen Prüfungszeitraum ein Gesamt-GdB von 50 bestanden. Denn Einzel- und Gesamt-GdB stellen keine Tatsache dar. Vielmehr ist deren Bemessung eine tatrichterliche Aufgabe (vgl. BSG, Beschluss vom 20. November 2012 - B 9 SB 36/12 B – juris), der freilich (auch) Tatsachen zugrunde liegen. Soweit die Klägerin in diesem Sinne sinngemäß die Tatsache unter Beweis gestellt hat, die Folgen der Krebstherapie und der Brustkrebserkrankung seien über die üblichen körperlichen und seelischen Folgen hinausgegangen, ist dies nicht im obigen Sinne substantiiert genug. Denn es liegen insoweit bereits zwei Sachverständigengutachten vor. Umso vollständiger und präziser hätte daher die Klägerin in einem prozessordnungsgemäßen Beweisantrag angeben müssen, zu welchen für die Entscheidung erheblichen Tatsachen aufgrund welchen Beweismittels noch welche neuen Beweisergebnisse zu erwarten waren (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Juli 2015 - B 9 SB 19/15 B – juris). Dem wird der vorliegende Beweisantrag schon deshalb nicht gerecht, weil nicht bezeichnet wird, unter welchen konkreten Folgen der Krebstherapie und der Brustkrebserkrankung die Klägerin im streitigen Prüfungszeitraum gelitten hat und inwieweit diese Folgen von denen abweichen, die die beiden Sachverständigen festgestellt haben.
Soweit ergänzend zum Beweisantrag auf dessen Begründung abgestellt wird, ist festzuhalten, dass letztere nicht zu ersterem passt, weil der Beweisantrag Brustkrebserkrankung und –therapie in den Blick nimmt, während die Begründung auf die nun durch Prof. Dr. K festgestellten Zellveränderungen Bezug nimmt, die nach der Einschätzung des Sachverständigen zu einer Krebsvorstufe eines Plattenepithelkarzinoms der Zervix und/oder der Vagina passen würden. Abgesehen davon, dass danach die Begründung für den Beweisantrag in selbigem keinen Niederschlag gefunden hat, fehlt es auch insoweit an einem hinreichend präzisen Vortrag, welche konkrete Tatsache unter Beweis gestellt wird. Soweit es der Klägerin aber um die Tatsache gehen sollte, dass ein jetzt möglicherweise festgestelltes Plattenepithelkarzinom der Zervix und/oder der Vagina bereits im maßgeblichen Prüfungszeitraum bestanden hat, ist kein diesbezüglicher Beweis zu erheben, weil das Fehlen dieser Tatsache einerseits aus oben genannten Gründen bereits erwiesen ist, es aber andererseits auf diese Tatsache auch nicht ankommt, weil Teil B Nr. 1 c) und Nr. 14 der Anlage zu § 2 VersMedV für die GdB-Bemessung bei Krebserkrankung jeweils auf die Tumorentfernung abstellen, zu der es aber denklogisch im streitigen Prüfungszeitraum nicht gekommen sein kann (vgl. BSG, Beschluss vom 23. Juli 2015 – Az.: B 2 U 78/15 B).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.